Der Arbeitsplatz entfällt wegen Corona nicht dauerhaft
Eine Kündigung aus betrieblichen Gründen ist nur möglich, wenn der Arbeitsplatz auf Dauer wegfällt, die Arbeitskraft also nicht mehr gebraucht wird. Das ist bei einer Kündigung wegen Corona nicht unbedingt der Fall.
Häufig begründen Arbeitgeber eine Kündigung allein mit außerbetrieblichen Gründen, wie zum Beispiel der behördlich angeordneten Stilllegung des Betriebs. Diese muss dann auf Dauer dazu führen, dass der Arbeitnehmer nicht mehr gebraucht wird.
Beispiel: Ein Restaurant muss für einige Wochen wegen der Corona-Schutzmaßnahmen geschlossen bleiben. Es ist allerdings schnell absehbar, dass es bald wieder öffnen kann. Betriebsbedingte Kündigungen allein wegen der kurzzeitigen Schließung wären dann angreifbar.
Wenn der Arbeitgeber allerdings innerbetriebliche Gründe für die Kündigung angibt, dann sind Arbeitnehmer weniger geschützt.
Beispiel: Der Arbeitgeber möchte seinen Betrieb unabhängig von der Pandemie verkleinern.
Das Kündigungsschutzgesetz hindert ihn nicht daran. Denn der Arbeitgeber nutzt seine unternehmerische Freiheit.
Der Arbeitnehmer ist allerdings nicht schutzlos. So ist eine betriebsbedingte Kündigung rechtswidrig, wenn sie missbräuchlich erfolgt.
Beispiel: Der Arbeitgeber behauptet zur Begründung der Kündigung, er habe ein neues Organisationskonzept entworfen, und stellt es vor. Daraus ergeben sich aber keine ersichtlichen Änderungen. In Wahrheit dient es allein der Kündigung des unliebsamen Arbeitnehmers.
Die Kündigung kann auch dann nicht durchgesetzt werden, wenn sie gegen tarifliche Vorgaben wie einer Beschäftigungsgarantie verstößt oder die Stelle wieder neu ausgeschrieben wird. Außerdem steht der Arbeitgeber auch hier in der Pflicht, glaubwürdig darzulegen, dass er künftig auf weniger Mitarbeiter setzt und nicht etwa nach der Krise wieder mit der gleichen Mitarbeiterzahl weiterarbeiten wird.
Beispiel: Das Sanierungskonzept eines Automobilzulieferers sieht vor, dass die Produktion für einige Monate heruntergefahren wird. Anschließend soll die vorherige Produktivität wieder erreicht werden. Entlassungen für die Zwischenzeit sind nicht zulässig.
Arbeitnehmer kann anders beschäftigt werden
Kann der Arbeitnehmer auf einer vergleichbaren Stelle im Unternehmen weiterbeschäftigt werden, ist eine Kündigung wegen Corona rechtswidrig. Steht eine der folgenden Möglichkeiten offen, ist eine betriebsbedingte Kündigung ausgeschlossen:
- Eine vergleichbare Stelle im Unternehmen ist frei und der Arbeitnehmer ist ausreichend qualifiziert.
- Es ist eine Stelle im Unternehmen frei; der Arbeitnehmer müsste allerdings umgeschult werden, um sie besetzen zu können. Das steht seiner Versetzung nicht per se im Wege. Ist die Umschulung mit zumutbarem Aufwand realisierbar, hat der Arbeitgeber sie und die anschließende Versetzung anzubieten.
- Eine geringwertigere Stelle im Unternehmen ist frei. Erklärt sich der Arbeitnehmer zu dieser Arbeit bereit, darf der Arbeitgeber ihm nicht betriebsbedingt kündigen.
Sozialauswahl ist fehlerhaft
Kündigt der Arbeitgeber wegen Corona, muss er eine korrekte Sozialauswahl treffen. Das heißt: Er darf nur diejenigen Mitarbeiter kündigen, die am wenigsten schutzbedürftig erscheinen. Zu berücksichtigende Kriterien sind
- die Betriebszugehörigkeit
- das Lebensalter
- Unterhaltspflichten und
- eine etwaige Schwerbehinderung.
Verglichen werden Mitarbeiter mit ähnlicher Position und Ausbildung. Man greift häufig auf Punktetabellen zurück.
Beispiel: Der Arbeitnehmer A ist 60 Jahre alt und schon viele Jahre im Betrieb angestellt. Zudem ist er verheiratet und hat zwei Kinder, deren Unterhalt er sichern muss. Der Arbeitnehmer B ist 25 Jahre alt, unverheiratet und kinderlos. A ist demnach schutzwürdiger. Ihn würde die Kündigung härter treffen. Sie wäre daher angreifbar.
Gerade bei der Sozialauswahl machen Arbeitgeber sehr häufig Fehler. Das führt dazu, dass der Arbeitsplatz gerettet oder zumindest eine hohe Abfindung ausgehandelt werden kann.
Kündigung wegen Corona ist nicht notwendig
Eine Kündigung wegen Corona scheidet schon dann aus, wenn der Arbeitgeber nicht unter den Folgen der Corona-Krise leidet. Allein ein unsicheres wirtschaftliches Umfeld berechtigt nicht zur Entlassung.
Beispiel: Ein Bäckereibetrieb will sich schon länger von einigen Mitarbeitern trennen. Die Nachfrage ist während der Corona-Krise nahezu unverändert. Allein die allgemeine Wirtschaftskrise taugt in diesem Fall nicht als Begründung für Kündigungen.
Ansonsten gilt bei einer Kündigung stets das "ultima-ratio-Prinzip". Das bedeutete, dass die Kündigung eines Arbeitnehmers nur als letztes Mittel in Betracht kommt. Kann der Arbeitgeber eine wirtschaftliche Flaute durch andere Maßnahmen abwenden, hat er diese vorzuziehen. Denkbar sind etwa der Abbau von Überstunden per Freizeitausgleich oder die Verringerung von Leiharbeit im Betrieb.
Beispiel: Der Arbeitnehmer hat in den letzten Jahren zahlreiche Überstunden angehäuft. Der Arbeitsvertrag sieht u.a. vor, dass Überstunden in Freizeit ausgeglichen werden können. Bevor dies nicht geschieht, hat eine Kündigung durch den Arbeitgeber oft schlechte Chancen vor Gericht.
Was Sie gegen eine Kündigung wegen Corona tun können
Falls Ihr Arbeitgeber Ihnen wegen Corona kündigt, sind Sie nicht schutzlos. Um Ihre Rechte als Arbeitnehmer möglichst effektiv zu nutzen, sollten Sie folgende Maßnahmen ergreifen:
- Nehmen Sie die Hilfe eines Fachanwalts für Arbeitsrecht in Anspruch. Gemeinsam sollten Sie dann innerhalb von drei Wochen nach Ausspruch der Kündigung Klage erheben - andernfalls wird die Kündigung wirksam und unangreifbar. Ihr Arbeitsplatz ist dann endgültig verloren. Auch eine Abfindung ist nach den drei Wochen unrealistisch.
- Sie sollten sich sofort bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden (0800 - 4 55 55 00). Sofern Sie Ihren Arbeitsplatz schlussendlich doch verlieren, droht sonst eine Kürzung beim Arbeitslosengeld I. Sie würden dann weniger Arbeitslosengeld erhalten.
Übrigens: Bei den o.g. Aspekten handelt es sich bloß um besonders häufige Fälle. Daneben kommen weitere Gründe in Betracht, die zur Unwirksamkeit einer Kündigung führen.
So erhalten Sie eine Abfindung bei Kündigung wegen Corona
Viele Arbeitnehmer sind nach einer Kündigung nicht mehr daran interessiert, im Betrieb weiterzuarbeiten. Ihnen geht es dann meist darum, eine möglichst hohe Abfindung zu erhalten.
Zwar besteht meist kein Anspruch auf Abfindung. Dennoch lässt sie sich gerade nach einer Kündigung wegen Corona in aller Regel aushandeln. Der häufigste Weg zur Abfindung sieht so aus:
- Sie klagen gegen Ihre Kündigung wegen Corona.
- Vor Gericht verhandeln Sie bzw. Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht mit dem Arbeitgeber über eine Abfindung.
- Im Gegenzug akzeptieren Sie die Kündigung.
Warum sollte sich der Arbeitgeber darauf einlassen? Weil er so einen langwierigen und teuren Gerichtsprozess vermeidet. Das bedeutet auch: Je eher Ihre Kündigung rechtswidrig ist, desto höher könnte Ihre Abfindung ausfallen.