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1. Wann kommt eine Kündigung wegen Auftragsmangel in Betracht?

Eine Kündigung wegen Auftragsmangel fällt in die Gruppe der betriebsbedingten Kündigungen. Dabei trifft den Arbeitnehmer die Entlassung meist, ohne dass er eine Ursache für den Auftragsrückgang gesetzt hat. Entsprechend hoch können die Hürden für den Arbeitgeber sein, diese Kündigung tatsächlich wirksam durchzusetzen.

Der Arbeitgeber muss dann zunächst analysieren, worauf der Rückgang der Aufträge basiert, und eine unternehmerische Entscheidung treffen, wie er ihm begegnet. Diese Entscheidung muss nun umgesetzt und kausal für den Wegfall von Arbeitsplätzen sein, der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers also entgegenstehen.

Beispiel: Trifft der Arbeitgeber die Entscheidung, dem Auftragsrückgang durch Entlassungen zu begegnen, ist die Umsetzung der Entscheidung kausal für den Arbeitsplatzverlust. Entscheidet er, seinen Vertrieb zu verstärken, hat dies grundsätzlich keinen Einfluss auf die anderen Arbeitsplätze.

Ob die Entscheidung des Arbeitgebers gut und richtig ist, spielt keine Rolle und wird nicht vertieft geprüft. Dagegen muss der Auftragsmangel als Grund, der dem Arbeitgeber extern aufgedrängt wird, tatsächlich vorliegen. Der Arbeitgeber muss ihn also ebenso beweisen können wie die Auswirkungen, die der Mangel für den Betrieb mit sich bringt. Ein Rückgang von Aufträgen wirkt sich nämlich nicht immer direkt auf den Beschäftigungsbedarf aus.

Der Arbeitgeber kann also nicht einfach wegen Auftragsmangel kündigen, weil die Gerichte diese Behauptung voll überprüfen. Er trägt das Risiko und darf nicht sofort entlassen, nur weil weniger Aufträge vorliegen. Er muss vielmehr die Existenz und den Umfang der dringenden betrieblichen Gründe beweisen.

2. Wann ist eine Kündigung dringend?

Im Arbeitsrecht gilt das ultima-ratio-Prinzip. Der Arbeitgeber muss deshalb erst alle milderen Mittel ausschöpfen, um eine Entlassung zu vermeiden. Stellt sich also bei gleicher Betriebsorganisation heraus, dass der Arbeitsplatz erhalten bleiben kann, muss er diesen milderen Weg wählen. In Betracht kommt hier z. B. die Anordnung von Kurzarbeit, wenn der Auftragsrückgang nur vorübergehender Natur ist.

Beispiel: Die Corona-Pandemie führt zu erheblichen Beschränkungen, die aber voraussichtlich nur vorübergehend sind. Eine Kündigung allein wegen des vorübergehenden Auftragsmangels ist nicht wirksam.

Beispiel: Der Arbeitnehmer ist auf dem Bau tätig, wo wegen Auftragsmangels Kurzarbeit angemeldet wurde. Aus demselben Grund wird er wenig später gekündigt. Nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil v. 23.02.2012, Az. 2 AZR 548/10) ist der dauerhafte Wegfall des Arbeitsplatzes zweifelhaft, weil die Kurzarbeit indiziert, dass mit einer besseren Auftragslage zu rechnen ist.

Steht aber fest, dass nicht mehr alle Mitarbeiter dauerhaft im Betrieb beschäftigt werden können, kommt die betriebsbedingte Kündigung in Betracht. Es darf sich also nicht bloß um vorübergehende Änderungen handeln.

Beispiel: Der Arbeitnehmer wird mit der Begründung entlassen, dass seine Stelle entfällt. Wenig später stellt der Arbeitgeber einen neuen Arbeitnehmer für die identische Tätigkeit ein.

3. Muss der Arbeitgeber auf eine andere Stelle hinweisen?

Um wirksam kündigen zu können, muss der Arbeitgeber prüfen, ob der Arbeitnehmer mit anderen Tätigkeiten weiterbeschäftigt werden kann. Dabei hat er alternative Arbeitsplätze im Unternehmen ins Auge zu fassen. Dass dabei evtl. die Arbeitsbedingungen geändert werden müssen oder der Arbeitnehmer eine Fortbildung durchführen muss, ist ohne Belang.

Einen in der Hierarchie höheren Arbeitsplatz muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aber nicht anbieten. Befördern muss er ihn also nicht.

Weiter muss der Arbeitgeber keine anderen Arbeitsplätze freikündigen, um sie dann dem Arbeitnehmer anbieten zu können. Es geht also nur um wirklich unbesetzte Stellen. Darunter fallen aber auch solche, die in absehbar kurzer Zeit frei werden oder von einem fremden Arbeitnehmer – etwa einem Leiharbeitnehmer – besetzt sind.

4. Wie funktioniert die Sozialauswahl?

Während die vorhergehenden Ausführungen sich nur mit der abstrakten Frage beschäftigen, ob einem Arbeitnehmer gekündigt werden kann, geht es bei der Sozialauswahl um die Frage, wer von der Kündigung betroffen ist. Es reicht also nicht aus, dass die bisherige Stelle des Arbeitnehmers entfällt. Vielmehr muss der Arbeitgeber alle vergleichbaren Arbeitsplätze in seinem Betrieb einbeziehen und den Arbeitnehmer ermitteln, der von der Kündigung am wenigsten betroffen ist.

Dazu listet der Arbeitgeber zunächst alle gleichwertigen, untereinander austauschbaren Arbeitnehmer auf.

Beispiel: Ein Fabrikant will einen Teil seiner Produkte künftig maschinell herstellen. Dadurch kommt es zum Wegfall von Arbeitsplätzen ungelernter Arbeitnehmer. In die Sozialauswahl sind dann nicht nur die ungelernten Arbeiter des Produktionsbereiches einzubeziehen, sondern alle ungelernten Arbeitnehmer des Betriebes.

Zu den vergleichbaren Arbeitnehmern gehören nicht jene, die Sonderkündigungsschutz (z. B. Schwangere, Schwerbehinderte Menschen, Betriebsräte) genießen, sich in einem unkündbaren befristeten Arbeitsverhältnis befinden oder Leistungsträger sind.

Auch Arbeitnehmer, für die das Kündigungsschutzgesetz noch nicht gilt, sind nicht vergleichbar. Vielmehr sind sie vorrangig zu entlassen.

Hat der Arbeitgeber alle vergleichbaren Arbeitnehmer ermittelt, muss er auf sie die in § 1 Abs. 3 KSchG vorgegebenen Auswahlkriterien anwenden. Dies sind

- die Dauer der Betriebszugehörigkeit
- das Lebensalter
- die Unterhaltspflichten und
- eine etwaige Schwerbehinderung.

Beispiel: Arbeitnehmer A ist 23 Jahre alt, ledig und seit 2 Jahren beim Arbeitgeber. Arbeitnehmer B ist 49 Jahre alt, hat 2 Kinder und arbeitet dort seit 21 Jahren. Gekündigt werden muss A, weil er jünger ist, keine unterhaltsberechtigten Kinder hat und erst kurz im Betrieb ist.

So einfach diese Auswahl zu sein scheint, kommt es bei der Sozialauswahl dennoch häufig zu Fehlern, die die Kündigung rechtswidrig machen. Da die Sozialauswahl regelmäßig erst in einem Kündigungsschutzprozess offenbart wird, sollte sie durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht überprüft werden.

5. Kann die Kündigung aus anderen Gründen unwirksam sein?

Neben den besonderen Vorschriften für die betriebsbedingte Kündigung müssen natürlich auch alle allgemeinen Kündigungsvoraussetzungen erfüllt sein.

Der Arbeitgeber muss also einen vorhandenen Betriebsrat vor der Kündigung ordnungsgemäß anhören (§ 102 BetrVG), was eine nicht seltene Fehlerquelle darstellt.

Er muss ferner den gesetzlichen Sonderkündigungsschutz, insb. von Schwangeren, Schwerbehinderten Personen und Betriebsräten beachten.

6. Ist eine fristlose Kündigung wegen Auftragsmangels möglich?

Eine fristlose Kündigung bei schlechter Auftragslage ist kaum vorstellbar. Sie wäre nur möglich, wenn dem Arbeitgeber die Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar wäre. Das ist meist bei schwerem Fehlverhalten des Arbeitnehmers der Fall, nicht aber beim Arbeitsmangel.

7. Welche Kündigungsfrist gilt bei Auftragsmangel?

Die Kündigungsfrist richtet sich in erster Linie nach dem Arbeitsvertrag oder einem anwendbaren Tarifvertrag. Ansonsten gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB, die sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit richten und sich dadurch verlängern. Sie können deshalb auch eine vertragliche Regelung überlagern.

Beispiel: Der Arbeitnehmer ist seit 9 Jahren beim Arbeitgeber beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist eine Kündigungsfrist von einem Monat vereinbart. Es gilt jedoch die gesetzliche Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende.

8. Ist eine Abfindung zu zahlen?

Grundsätzlich besteht zwar kein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung. Dennoch zeigt die Praxis, dass Abfindungen bei betriebsbedingten Kündigung wegen Auftragsmangels regelmäßig fließen. Dazu muss aber die Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung gerichtlich angegriffen werden, um eine Abfindung auszuhandeln.

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